27.5.2025, 14 Uhr
Akademie der Künste trauert um Marcel Ophüls (1927–2025)

Marcel Ophüls
Mit 97 Jahren verstarb am 24. Mai 2025 der Regisseur Marcel Ophüls in seinem Wohnort Lucq-de-Béarn, Frankreich. Er war seit 1984 Mitglied der Akademie der Künste.
Geboren 1927 in Frankfurt am Main floh Ophüls 1933 mit seinen Eltern, dem Regisseur Max Ophüls und der Schauspielerin Hilde Wall, vor den Nationalsozialisten in die USA. Nach dem Krieg begann er zunächst als Spielfilmregisseur, bevor er sich ab 1967 dem Dokumentarfilm zuwendete. Das ihm vordringlichste Anliegen war das genaue Herausarbeiten von Schuld und Mitschuld sowie die Rekonstruktion der Ereignisse, die zum Entstehen der Nazi-Herrschaft führten. In Frankreich verweigerte das Fernsehen lange Zeit eine Ausstrahlung des Filmes Das Haus nebenan – Chronik einer französischen Stadt im Krieg (1968–1971), weil er die Kollaboration der Vichy-Regierung thematisierte. Für den Film Hotel Terminus – Zeit und Leben des Klaus Barbie über den Gestapo-Kommandanten wurde er 1989 mit einem Oscar prämiert. Mit Novembertage – Stimmen und Wege (1990) und The Troubles We’ve Seen – Die Geschichte der Kriegsberichterstattung (1994), verortet in der belagerten Stadt Sarajevo, bezog er Stellung zur Gegenwart. Neben zahlreichen Ehrungen erhielt Ophüls 2015 die Goldene Kamera der Berlinale.
Christian Petzold, Mitglied der Akademie der Künste, würdigt Ophüls: „Wo sind seine Filme, hatten wir uns in den letzten Jahren gefragt. Das Gesicht von Klaus Barbie taucht dauernd auf, in Texten über die Geschichte des BND, über Gehlen und Konsorten. Aber wo sind Marcel Ophüls’ Filme? Harun Farocki hatte sie uns damals in der DFFB gezeigt. Die Dokumentarfilme und die Spielfilme. Ich erinnere mich, in einem Film, ich glaube The Troubles We‘ve Seen, ihn einmal im Unterhemd, sich rasierend, während im Hintergrund des Hotelzimmers eine junge Frau schläft, gesehen zu haben. Wie ein amerikanischer Detektiv ist er in der Geschichte und den Geschichten. Spürt die Nazis hinter ihren Jägerzäunen und Bausparhäusern auf. Barbie, der Schlächter von Lyon, die Stadt, in der das Kino erfunden wurde. Auch hier sammelt er, recherchiert, hört zu. Der Film ist gewidmet der unbekannten Nachbarin, die eines der jüdischen Kinder, die aus dem Haus gezerrt werden, deportiert werden, unbemerkt und mutig in ihre Wohnung zieht und rettet. Der Film selbst ist auf der Suche nach denen, die all das mitgemacht, geplant und realisiert haben. Ein Detektivfilm. Ganz am Schluss sahen wir Novemberdays. Der unheilvolle deutsche Monat. 1989. Ein Staat zerfällt. ‚Irgendwie eine Komödie, aber eine schwarze‘, sagte er. Wo sind seine Filme?“
Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.
Manos Tsangaris
Präsident der Akademie der Künste