3.11.2010
Akademie der Künste erhält als Schenkung ihres Mitglieds Michael Ruetz das Archiv und Vintage Prints von Heinz Hajek-Halke – dem großen Pionier der experimentellen Fotografie im 20. Jahrhundert
Im Vorfeld ihrer Herbst-Mitgliederversammlung (5./6. November) erhält die Akademie der Künste eine bedeutende Schenkung für ihre Kunstsammlung. Heute unterzeichnen Akademie-Präsident Klaus Staeck und Michael Ruetz, Fotograf und Akademie-Mitglied seit 1998, einen Schenkungsvertrag. Das gesamte Negativ-Archiv, das Schriftgut-Archiv sowie 209 Vintage Prints aus dem Spätwerk des Fotografen Heinz Hajek-Halke gehen auf die Akademie über. Heinz Hajek-Halke hatte Michael Ruetz 1973 sein Gesamtwerk anvertraut und übertragen.
Heinz Hajek-Halke (1898-1983) zählt zu den großen Exponenten der fotografischen Moderne und des Neuen Sehens. Montagen, Aktstudien und Werbefotografie prägen seine Arbeiten der 1920er und frühen 1930er Jahre. In dieser Zeit ist er auf allen großen Ausstellungen zur modernen Fotografie vertreten, doch lässt sich sein Œuvre keiner Schule oder Künstlergruppe zuordnen. Im Dritten Reich kann er seine Karriere nicht fortsetzen und erst nach 1945 wieder an frühere Experimente anknüpfen. Er spezialisiert sich fortan auf die kameralose Fotografie. Die ersten Arbeiten entstehen auf einem Tricktisch für Animationsfilme, ohne fotografische Vorlage und damit ohne Realbilder. Die Abstraktion dieser Arbeitsweise wird für sein Spätwerk prägend. Selbst wo sichtbare Realität in die Bilder hineinspielt, ist die Bildkonstruktion abstrakt, oft von Zufällen in der Arbeit bestimmt und daher im wahren Wortsinn informel – vor der Form. Doch im Gegensatz zu Künstlern in Malerei und Skulptur, bleibt er ein genuin fotografisch arbeitender Gestalter: Endprodukt seiner Arbeit waren fotografische Prints, wiederholbare und in gleicher Form reproduzierbare Ergebnisse des Positiv-Negativ-Prozesses der klassischen Fotografie.
Hajek-Halke war mit seinem Spätwerk seit Ende der 1940er Jahren auf zahlreichen Ausstellungen präsent, nicht nur bei allen Manifestationen neuerer Fotografie wie den Bilderschauen der Gruppen ‚fotoform’ und ‚subjektive fotografie’, sondern auch bei regionalen und überregionalen Ausstellungen bildender Künstler. Dennoch gerät er nach seinem Tod in Vergessenheit, bis ihn 2002 das Centre Pompidou in einer großen Retrospektive würdigt und 2005 die erste große Monografie zu seinem Frühwerk im Steidl Verlag erscheint. Zu seinem Spätwerk liegt seit 2008 eine erste Publikation „Phantasie und Traum“, erschienen im Deutschen Kunstverlag, vor. Anhand der Schenkung kann die Akademie der Künste erstmals sein Spätwerk umfassend vorstellen. Eine Ausstellung ist für Januar 2013 in Planung.
Heinz Hajek-Halke, 1898 in Berlin geboren, verbringt größere Teile seiner Kindheit in Buenos Aires. 1915-16 Kunststudium in Berlin, anschließend Militärdienst, 1918-19 Studium u. a. bei Emil Orlik, ab 1924 Beschäftigung mit Fotografie, Arbeit als Gebrauchsgrafiker und Pressefotograf, 1934-46 in Kressbronn am Bodensee, Arbeit als Gebrauchsgrafiker und Kleintierzüchter, ab 1948 Spezialisierung auf experimentelle Fotografie, 1955-67 Dozent für Foto-Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Berlin, 1973 Übergabe des Lebenswerks an Michael Ruetz, 1983 in Berlin gestorben.
Für Rückfragen:
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