22.11.2011

Akademie der Künste in Berlin bekräftigt nach Reaktion des Budapester Bürgermeisters Tarlós ihren Protest

Der Budapester Oberbürgermeister István Tarlós hat den Protest der Akademie der Künste gegen die Besetzung der Leitung eines Budapester Theaters in einem Brief an Akademie-Präsident Klaus Staeck als „zudringliches“ Schreiben bezeichnet. Mit den Worten „Ich verstehe nicht, mit welcher Grundlage und Kompetenz Sie sich in die Angelegenheiten des Budapester Neuen Theaters (Új Szinház) einmischen, ohne die gesamten Umstände zu kennen,“ lehnt Tarlós jegliche Diskussion über seine Entscheidung ab, die in Ungarn und im Ausland seit Wochen zu heftigen Protesten geführt hat.
Die Akademie der Künste hatte am 9. November dieses Jahres einen offenen Brief an den Budapester Oberbürgermeister mit folgendem Wortlaut übermittelt:

Die von 403 internationalen Mitgliedern getragene Akademie der Künste, Berlin, protestiert entschieden gegen die Einsetzung von István Csurka und György Dörner als Leiter des Budapester Új Színház.
Die antisemitische Einstellung des Politikers und Schriftstellers Csurka und die profaschistische Jobbik-Nähe des Theatermannes Dörner sowie die bekundete Absicht des Letzteren, das Neue Theater zu einem „Heimatfront Theater“ im Kampf gegen freiheitliche Überzeugungen umzufunktionieren, widerspricht massiv dem Geist der europäischen Kulturgemeinschaft und schädigt nachhaltig das Ansehen der Kulturnation Ungarns
in der Welt.

„Die Akademie der Künste mischt sich immer dann ein, wenn sie die Freiheit der Kunst in Gefahr sieht. Dass sie sich vor einem Einspruch über die gesamten Umstände informiert, ist eine Selbstverständlichkeit.“, so äußerte sich Akademie-Präsident Klaus Staeck heute. Der Regisseur Thomas Langhoff, Direktor der Sektion Darstellende Kunst,  kommentiert die Antwort des Oberbürgermeisters mit folgenden Worten:
„Der rigide Ton passt genau zum derzeitigen Vorgehen gegen Künstler, und wir haben ihn in gewisser Weise erwartet. Es waren ja Klagen ungarischer Künstler, die uns erreicht und zu diesem Brief veranlasst haben. Eine Einmischung in kommunale oder nationale Politik ist nicht unser Anliegen, sondern die Solidarität der Künstler in Europa. Es ist unsere Pflicht, das Wort zu erheben, wenn Kollegen in Ungarn die Lebens- und Arbeitsgrundlage entzogen wird. Das werden wir auch weiterhin tun.“ 

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