27.5.2014
Verteidigt die Kultur! Appell an die Bundesregierung
Die Akademie der Künste sieht sich in der Verpflichtung, zu zentralen kulturpolitischen Fragen Stellung zu nehmen. Daher steht die kritische Auseinandersetzung mit dem geplanten Freihandelsabkommen EU/USA (TTIP) gegenwärtig im Zentrum unserer Arbeit.
- Wegen der bisher vorherrschenden Intransparenz bieten die wenigen öffentlich gewordenen Verhandlungsgegenstände Anlass zu erheblichem Misstrauen.
Im Verhandlungsmandat zum TTIP wird das Thema Kultur gar nicht und die kulturelle Vielfalt nur in der Präambel behandelt. Lediglich „audiovisuelle Dienstleistungen“ sollen von den Verhandlungen ausgenommen werden. - Verhandlungen über einen Vertrag von derart grundlegender Bedeutung für das Leben der Menschen in Deutschland und Europa können von den Parlamenten und der Bevölkerungen nur mitgetragen werden, wenn sie in voller Transparenz geführt werden. Der federführende Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, hat deshalb einen Beirat einberufen, dem auch der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck, angehört.
- Gemeinsam mit der Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, ist die Akademie der Künste der Auffassung, dass in einem Handelsabkommen Kunst und Kultur nicht wie normale Industriegüter behandelt werden dürfen, weil sonst deren verfassungsrechtlicher Schutz infrage gestellt würde.
- Das geplante Freihandelsabkommen sieht ferner ein Investor-Staat-Klageverfahren vor, das Investoren die Möglichkeit einräumen soll, im Falle von vermuteten Beeinträchtigungen ihrer Investitionen durch die Vertragsstaaten privat organisierte Schiedsgerichte anzurufen. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist eine solche Investitionsschutzklausel für uns inakzeptabel: Intransparente Schiedsgerichte dürfen die in EU und USA staatlich garantierten Rechtswege nicht außer Kraft setzen.
- Die Akademie nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass der Verhandlungsführer der EU, Handelskommissar Karel De Gucht, offenbar davon ausgeht, die Verhandlungsführung für das Abkommen liege einzig in den Händen der Kommission. Diese Auffassung teilen wir nicht. Die Nationalstaaten und ihre Parlamente müssen bei einem Abkommen solcher Tragweite mitentscheiden können.
Die Akademie der Künste sieht im gegenwärtigen Verhandlungsstand eine Gefährdung unserer demokratischen Grundordnung und teilt die Auffassung vieler, dass die Verhandlungen neu konzipiert und unter Beteiligung der Öffentlichkeit transparent geführt werden müssen.
Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie unsere Standards und Vorstellungen von Kultur, Umwelt und Arbeit gegenüber den Verhandlungspartnern energisch vertritt.
Dabei werden wir sie unterstützen.
Klaus Staeck
Präsident der Akademie der Künste