27.10.2017
Akademie der Künste trauert um Silvia Bovenschen
Nach langer und schwerer Krankheit ist am 25. Oktober 2017 die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Silvia Bovenschen in Berlin verstorben.
Geboren wurde sie 1946 in Point bei Waakirchen/Oberbayern. In Frankfurt/Main studierte sie Literaturwissenschaft, Soziologie und Philosophie und wurde 1977 mit einer Dissertation mit dem Titel Die imaginierte Weiblichkeit promoviert. Sie lebte in Berlin und war seit 2011 Mitglied der Akademie der Künste.
Bereits als junge Frau erkrankte Silvia Bovenschen an multipler Sklerose. Die langen Aufenthalte im Krankenhaus und die Disziplin, der es bedurfte, dennoch den Alltag zu meistern, machte sie in ihrem 2006 veröffentlichten autobiografischen Bericht Älter werden zum Thema. Sie selbst empfand das Öffentlichmachen ihrer Krankheit als einen bedeutenden Schritt, der ihr eine innere Freiheit gegeben habe.
Vizepräsidentin Kathrin Röggla schreibt über sie: „Mit Silvia Bovenschen ist eine der wichtigsten Schriftstellerinnen und Intellektuellen Deutschlands von uns gegangen. Ihr theoretischer Text Die imaginierte Weiblichkeit hat eine lange und intensive Wirkungsgeschichte, zahlreiche Essaybände und später Prosabände folgten, darunter Älter werden und Sarahs Gesetz, die dem modernen Gedanken verbunden blieben, das Genre auf wunderbare Weise immer unklar zu lassen und Ästhetik zu entwickeln. Immer verstand sie gedankliche Klarheit, Witz und Wissen mit einer Klugheit zu verbinden, die die Zumutung, Mensch zu sein, zu erkunden suchte. Eine Praxis, die ihre Nähe zur Frankfurter Schule erahnen ließ, jeglichen Fundamentalismus ablehnend. Ihre intellektuelle Neugier reichte weit über das eigene Werk hinaus, stets suchte sie das Gespräch, die Auseinandersetzung, als streitbare Feministin wie als ästhetische Praktikerin, immer ging man reich beschenkt von ihren umsichtigen Kommentaren und Gedanken. ‚Uns ist selbst unter dem Einsatz guter Feen nicht zu helfen‘, schrieb sie einmal in Älter werden in ihrer typischen Ironie – und so ist es wohl.“
Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.
Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste