Stalker – Film und Ausnahmezustand
Als Andrei Tarkowskis Spielfilm Stalker vor 40 Jahren seine Premiere erlebte, löste er mit seinen visionären Zügen, vor allem in Bezug auf die dystopische Grundstimmung, sowie seiner ästhetischen Radikalität nachhaltige Erschütterungen aus.
Das Symposium untersucht verschiedene Ebenen des Films aus literatur-, kunst- und filmwissenschaftlicher sowie aus medienkünstlerischer Perspektive und lädt Künstlerinnen und Künstler aus Ost und West zum Gespräch, die ihre persönlichen Beziehungen zum Werk und auch zum Autor vorstellen werden.
Programm
Samstag, 27.4.2019
17 Uhr, Studio / Studiofoyer
Präsentation:
Ausschnitte aus bisher unveröffentlichtem Material von Ebbo Demant
Im Zusammenhang mit Dreharbeiten Ebbo Demants zu seinem Dokumentarfilm Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Andrej Tarkowskijs Exil und Tod (1988) entstanden weitere Interviews und Aufnahmen mit Freunden, Schauspielern und Mitarbeitern, die Leben und Werk Tarkowskis reflektieren.
Vortrag:
Claus Löser (Filmhistoriker und Autor): Stalker - Spur ohne Ende I. Impulse und Nachwirkungen eines filmischen Jahrhundertwerks.
Stalker ist ein Beleg für unbestechliche künstlerische Autonomie inmitten des Kalten Krieges. Als der Film 1981 in die Kinos der DDR gelangte, verbreitete sich die Kunde von diesem Fremdkörper wie ein Lauffeuer. Er stieg binnen Kürze zum Geheimtipp auf und prägte eine ganze Generation von Kinogängern.
Kurzfilm:
Tara von Felicitas Sonvilla, mit Sasha Davydova, Leo van Kann, Lena Lauzemis, 30 min. Deutschland, 2017, OmU
Europa ist ein dunkler Ort geworden, Nationalismus und Überwachung prägen die Staaten. Eine junge Frau, von der Staatsgewalt verfolgt, steigt in Paris in einen Zug Richtung Osten. An einem Ort namens Tara soll sich eine mysteriöse Gruppe der Idee einer neuen Gesellschaftsform verschrieben haben. Eine fragmentarische und enigmatische Parabel über die Suche nach Utopie in einem dystopischen Europa.
Kurzfilm:
Eisenwinter von Via Lewandowsky, Super 8, DDR, 1988, 6 Min.
Gespräch:
mit Via Lewandowsky (Künstler, Berlin), Ulrich Polster (Bildender Künstler, Berlin) und Felicitas Sonvilla (Filmemacherin, Wien)
Moderation: Claus Löser
Im Gespräch wird Impulsen nachgegangen, die Tarkowskis Film im künstlerischen Schaffen von Künstler*Innen verschiedener Generationen hinterlassen hat. Es geht dabei auch um Fragen von Identifikation und Autonomie.
Vortrag mit Beispielen:
Jonas Hansen (Medienkünstler, Halle): T.H.E.Z.O.N.E. Ein postapokalyptischer Spaziergang
Inspiriert durch den SF-Roman Picknick am Wegesrand und dem darauf basierenden Film erscheint 2007 der erste Teil, Shadow of Chernobyl, der Trilogie des Computerspiels S.T.A.L.K.E.R.. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Stalkers auf der Suche nach seltenen Artefakten in einer feindlichen, postapokalyptischen Umgebung: eine Nachahmung der Sperrzone um das Kernkraftwerk Tschernobyl. Dieser Ort ist heute längst touristische Attraktion. Im Vortrag begeben wir uns auf einen virtuellen Spaziergang in die Zone zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
Vortrag:
Andrei Plakhov (Filmkritiker, Moskau): Stalker und der Einfluß Andrei Tarkowkis auf Andrei Swjaginzew und die neue Generation russischer Filmemacher
Andrei Plakhov ist der wichtigste Filmkritiker Russlands und ein hervorragender Kenner von Tarkowskis Werk. Sein Vortrag wird Aufschluss geben über die Einflüsse des Meisters auf die postsowjetische Kinematografie sowie das russische Geistesleben insgesamt.
Filmvorführung: The Return – Die Rückkehr
Mit einer Einführung von Claus Löser
Zehn Jahre nachdem er seine Familie verlassen hat, kehrt der Vater zurück. Seine beiden Söhne sind fast zu Erwachsenen geworden; sie kennen ihren Erzeuger nur von verblichenen Fotos her. Er bricht mit ihnen zu einem zunächst harmlos erscheinenden Ausflug aus, der sich für die Brüder zur Initiationsreise ausweitet. Atmosphärisch erweist Swjaginzew dem Großmeister der kinematografischen Transzendierung seine Referenz. Auch arbeitet er subtil mit Motiven aus der Kunst-und Religionsgeschichte. Dabei entfaltet er eine Radikalität, die von den Verwerfungen der post-sowjetischen Periode geprägt ist.
Russland 2003, 110 min, DCP, OmeU, Regie: Andrei Swjaginzew, Kamera: Michail Kritschman, mit Wladimir Garin, Iwan Dobronrawow, Konstantin Lawrone