Die Ausstellung
Die Ausstellung „Otto Bartning (1883-1959). Architekt einer sozialen Moderne“ würdigt erstmals alle Bereiche des vielschichtigen Lebenswerks von Otto Bartning. Als Architekt und Theoretiker der Moderne, als Inspirator und Kritiker, Schriftsteller und Berater hat Bartning die Baukultur des 20. Jahrhunderts nachhaltig geprägt. Dabei setzte er neue Maßstäbe in der engen Verbindung von künstlerischem Anspruch und sozialer Verantwortung, berücksichtigte in seinen in ganz Deutschland und auch im europäischen Ausland errichteten Kultur-, Sozial- und Wohnbauten menschliche Bedürfnisse, Gebrauchsfähigkeit und Akzeptanz. In seinem Bestreben, stets auch der spirituellen Dimension im Leben der Gesellschaft einen angemessenen Raum zu geben, wurde er schon früh zum Protagonisten des modernen evangelischen Kirchenbaus.
Otto Bartning erlebte in jungen Jahren die Blüte der Reformbewegungen mit. Nach 1918 gehörte er zu den Schrittmachern der Moderne. Als Mitglied im revolutionären Arbeitsrat für Kunst entwarf er Konzepte einer Studienreform, auf die sich Walter Gropius bei der Gründung des Staatlichen Bauhauses in Weimar stützte. Bartnings berühmter expressionistischer Entwurf der Sternkirche von 1922 revolutionierte den protestantischen Kirchenbau, auch Siedlungsbauten und Krankenhäuser prägen sein Werk in den 1920er Jahren. In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur trat er vor allem als Architekt von Kirchen im Inland und für deutsche Auslandsgemeinden in Erscheinung.
Nach 1945 wurde Otto Bartning ein entschiedener Protagonist eines schlichten und sachlichen Wiederaufbaus in der Bundesrepublik Deutschland – eine Funktion, die er in wichtigen beratenden Gremien, in der Akademie der Künste sowie als Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten vorantrieb. Im Rahmen des Notkirchenprogramms, das er ab 1945 mitentwickelte, wurden in 43 deutschen Städten Typenkirchen aus vorfabrizierten Elementen errichtet.
Die Internationale Bauausstellung „Interbau 1957“ in Berlin bildete einen weiteren Höhepunkt seines Lebenswerks. Unter Bartnings Leitung entstand der Bebauungsplan für das Hansaviertel, dessen 60-jähriges Jubiläum dieses Jahr gefeiert wird; die das Viertel durchziehende Bartningallee ist nach ihm benannt. Die als „Fächerkirche“ angelegte Gustav-Adolf-Kirche (1934) in Charlottenburg, die Offenbarungskirche in Friedrichshain, eine 1949 eingeweihte Notkirche, die Himmelfahrtkirche (1956) in Gesundbrunnen und sowie Wohnblöcke in den Siedlungen Siemensstadt und in der „Reichsforschungssiedlung“ Haselhorst sind weitere Bauten Bartnings in Berlin.
Für die Ausstellung stand erstmals der gesamte private Nachlass Otto Bartnings zur Verfügung, den seine Frau Klara Bartning 1961 der Technischen Universität Darmstadt übergab. Auf 14 Werktischen wird das facettenreiche Material ausgebreitet und kontextualisiert. Der modulare Aufbau ermöglicht einen assoziativen Zugang zum Werk des Architekten. Der Großteil der ausgestellten Objekte entstammt dem Otto-Bartning-Archiv der TU Darmstadt.
Weitere Stationen der Ausstellung:
Städtische Galerie Karlsruhe, 22.7. – 22.10.2017
Institut Mathildenhöhe Darmstadt, 19.11.2017 – 18.3.2018